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Alan Ayckbourn:
Man Of The Moment
Aus dem Programmblatt der Aufführung 1995

Zum Inhalt des Stückes:

Akt I ('the patio of a villa in a Spanish-speaking area of the Mediterranean; morning')

Die Fernsehmoderatorin Jill Rillington führt im Rahmen ihrer Fernsehreihe "Their Paths Crossed" Leute zusammen, die sich unter spektakulären Umständen früher einmal begegnet sind. Zu diesem Zweck hat sie den ehemaligen Bankangestellten Douglas Beechey in die Mittelmeervilla von Vic Parks eingeladen, der vor 17 Jahren die Bank überfallen hatte, in der Douglas arbeitete. Douglas Beechey hatte durch sein mutiges Eingreifen den Überfall zwar vereitelt, in dem Handgemenge hatte sich jedoch ein Schuß aus Vics Pistole gelöst und die hübsche (von Douglas angebetete) Bankangestellte Nerys Mills, Vic Parks' Geisel, im Gesicht schwer verletzt.

Nach einer neunjährigen Gefängnisstrafe war Vic Parks bei seiner Entlassung von Jill interviewt worden und hatte so viel Showtalent beim Verkauf seiner Lebensgeschichte bewiesen, daß eine Fernsehgesellschaft ihn als Showmaster engagierte. Seitdem hat er eine steile Karriere als Fernsehstar gemacht.

Douglas Beechey, der damalige Held in dem Geiseldrama, hatte sich nach dem Überfall intensiv um Nerys bemüht und sie – nachdem alle anderen ehemaligen Verehrer sich nach und nach von ihr abgewandt hatten – nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus geheiratet.

In Douglas' Gesprächen mit Kenny (Vic Parks' Manager) und mit Jill wird deutlich, daß Nerys den Schock von damals bis heute nicht überstanden hat: sie pflegt kaum soziale Kontakte und geht nur selten aus dem Haus, aus Furcht, die Leute würden ständig ihre Narben im Gesicht anstarren. Außerdem lösen ihre traumatischen Erinnerungen an den Überfall auch nach 17 Jahren noch Alpträume aus.

Jill glaubt aufgrund dieser Konstellation genügend Zündstoff für ihre Sendung gefunden zu haben. Sie hat Douglas bereits in seinem Heim in Purley gefilmt und erhofft sich eine emotionsgeladene Begegnung zwischen ihm, dem ehemaligen Helden, und Vic Parks, dem ehemaligen Verbrecher. Doch sie sieht sich mit dem Problem konfrontiert, daß Douglas ein von Natur aus naiver, gutmütiger, stets mit allem einverstandener Mensch ist, bei dem alle ihre provozierenden Fragen und journalistischen Finten ins Leere treffen: Douglas bewundert den Fernsehstar Vic Parks, ist in seiner Naivität von der Glamour-Welt des Fernsehens, in die er Einblick bekommt, beeindruckt und scheint nicht einmal wahrzunehmen, daß sein Gastgeber Vic Parks ein selbstherrlicher und tyrannisch veranlagter Mensch ist, und daß es der Moderatorin Jill nur um ihre Karriere geht.
 

Akt II ('Later that afternoon')

Nach dem Mittagessen, bei dem offenbar nur Vic geredet hat, versucht Jill erneut, Douglas dazu zu bewegen, etwas von seinem 'wirklichen' Ich herzugeben; d.h. sie hofft, daß er in der luxuriösen Umgebung, in der der ehemalige Verbrecher Vic Parks lebt, endlich Gefühle wie Neid, Frustration oder gar Haß zeigt. Jill zu Kenny: "I know ... there is pain, there is disappointment – there is burning resentment – hopefully even hatred. [..] Please God there is!" Doch wieder muß sie erkennen, daß Douglas als ein von Natur aus rücksichtsvoller Mensch die Konfrontation scheut und schnell zufriedenzustellen ist. Jill verzweifelt an ihrer Aufgabe und sieht ihre TV-Karriereträume schwinden.

Lediglich als Vic Parks, der beim Mittagessen dem Wein kräftig zugesprochen hat und sich mit seinen Profitricks bei Interviews brüstet, das Kindermädchen Sharon vor allen demütigt, zeigt Douglas plötzlich Emotionen und versucht, das Mädchen zu schützen, wird aber von Vic sofort in seine Schranken gewiesen: "I hope I don’t have to remind you again that you are a guest in this house. And the way I choose to treat my staff is entirely my concern. O.K.?"

Vics Frau Trudy fühlt viel Sympathie für Douglas, der einen krassen Gegensatz zu ihrem Ehemann bildet. Bei einem gemeinsamen Strandspaziergang spürt Douglas ihre Sympathie, er öffnet sich und erzählt ihr die Geschichte seiner Werbung um seine Frau Nerys. Trudy ist sehr von seiner einfühlsamen Art beeindruckt und wird sich – nachdem sich Douglas verabschiedet hat – weinend bewußt, wieviel an wirklicher Zuneigung ihr in ihrem Leben mit dem egozentrischen Vic Parks entgangen ist.

Daher reagiert sie auch sehr impulsiv, als plötzlich das Kindermädchen Sharon erscheint, das sich mit Hilfe von Tauchergewichten im Pool das Leben nehmen will, weil Vic Parks ihre schwärmerischen Jungmädchengefühle nicht erwidert, sondern sie ständig nur demütigt. Trudy sagt Sharon deutlich, was für ein Mann Vic ist: "He is not a man to love, Sharon. [...] I speak as one who has tried for eight years to keep loving him. [...] that bastard has abused me and ignored me and taken me for granted." Vic kommt aus dem Haus, hört das, was seine Frau über ihn sagt, provoziert sie durch seine Arroganz so sehr, daß der Konflikt eskaliert. In diesem Moment kommt Douglas zurück, sieht Trudy in Bedrängnis und fühlt (wie vor 17 Jahren), daß er reagieren muß ...

(Wolf-Werner Pickhardt)

 

 

 

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