Home
Die Theaterstücke
Texte: alphabetisch
Links
Impressum
 

John B. Priestley:
Time and the Conways

Kommentar:

John B. Priestley ist in Deutschland eigentlich nur als der Autor von “An Inspector Calls” bekannt. Das Stück “Time and the Conways” beeindruckt zunächst durch zwei Dinge: erstens die souveräne Art, mit der die verschiedenen Charaktere in prägnanter Weise durch den Autor geschaffen werden (ähnlich wie beim "Inspector", nur ohne den moralisierenden Unterton), und zweitens durch den Aufbau des Stückes, das auf spektakuläre Szenen verzichtet und die Aussage bereits durch die Bewegung innerhalb eines jeden Aktes sowie innerhalb des Stückes als Ganzem deutlich macht: Übermut und melancholische Besinnung, Ausgelassenheit und Verzweiflung wechseln einander ab.

Obwohl der zweite Akt eine geradezu deprimierende 'Realität' den hoffnungsfrohen Erwartungen, die von den Conways im ersten Akt gezeigt wurden, entgegensetzt, ist die Aussage des Stückes insgesamt nicht negativ. Zwar erscheint die 'Wirklichkeit' des zweiten Aktes besonders ungeschminkt und fast grausam dadurch, daß im dritten Akt die Wünsche und Zukunftspläne wieder aufgegriffen und noch deutlicher formuliert werden, und Mrs Conways naives Wunschdenken in ihren prophetischen Aussagen über die erfolgreichen privaten und beruflichen Lebenswege ihrer Kinder wirkt geradezu makaber. Dennoch ist es nicht Priestleys Anliegen, düsteren Pessimismus zu verbreiten. Dies wird an verschiedenen Stellen deutlich: einmal durch Alans Schlussaussage ("There will be - something – I can tell you – one day"), mit der er Kay die Zukunftsangst nehmen möchte, zum anderen durch die Tatsache, daß Akt II als eine Art Traum, als Zukunftsvision von Kay angedeutet wird, und schließlich durch die Szene am Ende von Akt II, in der Alan, der scheinbare Verlierer im sogenannten 'Leben', seine Schwester Kay tröstet, die daran verzweifelt, was die Zeit ('Time´) aus den hoffnungsfrohen Menschen gemacht hat: er zitiert ihr ein Gedicht von William Blake:

      Joy and woe are woven fine
      A clothing for the soul divine;
      Under every grief and pine
      Runs a joy with silken twine.
      It is right it should be so;
      Man was made for joy and woe;
      And when this we rightly know,
      Safely through the world we go.

Alan erklärt Kay, daß im Leben nicht das zählt, was man im Augenblick zu sein scheint, sondern daß die Gesamtheit dessen, was man im Leben erlebt hat, unser wirkliches Ich ausmacht:

"Time's only a kind of dream. If it wasn't, it would have to destroy everything – the whole universe – and then remake it again every tenth of a second. But Time doesn't destroy anything. It merely moves us on – in this life – from one peephole to the next. […] We're seeing another bit of the view – a bad bit, if you like – but the whole landscape is still there. […] The point is that at this moment, at any moment, we're only a cross-section of ourselves. What we really are is the whole stretch of ourselves, all our time, and when we come to the end of this life, all those selves, all our time, will be us, the real you, the real me. And then perhaps we'll find ourselves in another time, which is only another kind of dream."

Gerade diese Absicht Priestleys, seine die Aussage tragenden Personen immer wieder zur Nachdenklichkeit, zum Überdenken ihres Tuns zu führen, macht es notwendig, das Stück nicht mit einem Paukenschlag (z.B. im “Inspector”) zu beenden, sondern es in einer Art Decrescendo ausklingen zu lassen und somit die Zuschauer besinnlich in ihr 'wirkliches' Leben zu entlassen.

(Wolf-Werner Pickhardt)

 

 

 

[Home] [Die Theaterstücke] [Texte: alphabetisch] [Links] [Impressum]
© 2004 by W.W. Pickhardt, Meerbusch (Germany) - bei Fragen bitte Kontakt aufnehmen